Me and My Brother
Regie: |Robert Frank| 
USA
1965 - 1968
Me and My Brother ist Franks komplexester Film und eines seiner Hauptwerke. Er begann das Projekt als einen Film über Julius Orlovsky, den katatonischen Bruder von Peter Orlovsky, aber bald entwickelte es sich zu einem weit größeren Projekt über die Natur der Geisteskrankheit und die Reaktion der amerikanischen Gesellschaft darauf. Zu den Problemen, die einer einheitlichen Struktur im Wege standen, zählte Franks Hang, die echten Orlovsky Brüder zum „Schaupielern" zu nötigen, was ihn mitten im Film dazu zwang, echte Schauspieler einzusetzen; das Beharren eines Sponsors, Frank solle in Farbe drehen; der völlig unregelmäßige Drehplan, der sich über drei Jahre zog; Franks im Schnittraum getroffene Entscheidung, die Realitätsebenen durch die Betonung der Struktur des Films-im-Film zu vervielfachen. Also handelt Me and My Brother ebenso sehr von der Natur des Filmemachens wie von Julius Orlovsky. Franks Eröffnungskommentar, der wie ein feierlich vorgetragener Eid über ein Bild der Bibel gedruckt ist, liest sich: „Alle Ereignisse und Personen in diesem Film sind real. Was auch immer irreal ist, ist nur meine Phantasie."
Der Film beginnt mit einer fiktiven Szene über die Produktion eines homosexuellen Pornofilms, in der Peter und der Regisseur versuchen, Julius zum Mitmachen zu bewegen. Julius für seinen Teil starrt auf Wände. In tragischer Weise nehmen diese Szenen den Widerstand seines Sohnes gegen die wissbegierige Kamera seines Vaters in den späteren autobiografischen Filmen vorweg. Andererseits verdeutlicht die letzte Szene des Films, warum Julius sich weigert, mit der Kamera, die ihn anblickt, zu kooperieren: „Die Kamera erscheint wie eine Reflexion der Missbilligung oder des Ekels oder der Enttäuschung oder der fehlenden Hilfsbereitschaft oder der Unerklärlichkeit ... irgendeine möglicherweise existente tatsächliche Wahrheit zu enthüllen." (Christopher Horak)
Me and My Brother untersucht die Ethik (und die Effektivität) von Franks voyeuristischen Versuchen, die Gründe für Julius' rätselhaftes Verhalten aufzudecken. Obwohl es Franks ursprüngliche Absicht war, Julius in einem direkten dokumentarischen Stil zu zeigen, erkannte er, dass diese Form nicht genügen würde, um sein sich entwickelndes Verständnis für Julius' Zustand darzustellen. So wie Julius gegen Ende des Films immer gesprächiger und bewusster wird, lässt auch Frank seine eigene Verwirrung hinter sich. Er versteht die Grenzen seines Versuches, die Wahrheit zu suchen, besser. „Wo existiert die Wahrheit?", fragt Frank Julius als Reaktion auf dessen Aussage am Ende des Films. „Innerhalb und außerhalb der Welt", antwortet er. „Außerhalb der Welt ist ... nun, ich weiß es nicht."(National Gallery of Art, Washington)

F & s/w
85 min.

Screening Uhrzeit Ort
12.09.2003 21:00 augartenkino kiz
20.09.2003 21:00 augartenkino kiz